Tuesday 20 May 2008

Inspiring

Ich bin wohl und tatsächlich schwer beeindruckt! Ja, so ist das. Falls ich es noch nicht erwähnt habe, einer meiner Mitbewohner - Joe - studiert Kunst und ist dazu noch ziemlich durchgeknallt und hat einen Hang zu Tod und Knochen und allem, was damit zu tun hat. Heute hatte seine Klasse eine Abschlussausstellung der Arbeiten, die in den letzten 2 Jahren von den Studenten angefertigt wurden. Und ich muss sagen "Respekt!" Und natürlich waren Joes Arbeiten die beeindruckendsten! (Schließlich muss man zu seinen Freunden halten!) So plem plem und dabei hochgradig kreativ ist sonst keiner. Dieser Mensch ist wirklich ein Unikat, in jeder Hinsicht. Sein Meisterstück war ein überdimensional großes Knochenwesen mit der Wirbelsäule und den Rippen eines Schafes und den Beinen und 'Armen' eines Rindes. Der Schädel war auch vom Schaf. Dann war dieses Wesen noch demtentsprechend beleuchtet und hatte Flügel aus einem Drahtgeflecht mit Blei überzogen. (Vielleicht krieg ich von dem Ding noch ein Foto ... hoffentlich!) Wie eine Marionette hing es an einem Kreuz, mit dem man Arme und Beine bewegen konnte. Die Interpretation dazu muss ich mir noch ein bißchen von Joe erklären lassen. Das Ding war halb hinter einem roten Vorhang versteckt, wenn man den zur Seite schob, konnte man einen Blick auf das ganze Gebilde werfen. Also standen sämtliche Menschen vor diesem Vorhang und kamen nach dem Zurückschieben mit schockierten oder erstaunten Gesichtern wieder hervor, besonders die älteren Damen.
Sollte Joe einmal berühmt und für seine Skulpturen verehrt werden, kann ich immerhin sagen, dass ich fast 10 Monate lang mit ihm unter einem Dach gelebt habe. Ich bin richtig stolz auf ihn, in einem freundschaftlichen keineswegs bevormundenden Sinne. ... Also wie gesagt, ich bin beeindruckt und muss alles Gesehene erstmal verarbeiten.

Saturday 10 May 2008

Langsam wird es traurig :-(

Mein letzter Monat in NI ist nun angebrochen und je näher das Ende rückt, desto bedrückender wird die Stimmung. Einen großen Abschied hab ich schon hinter mir, von meinen Schülerinnen und meinem Chef Wayne in Lurgan. Die drei haben mir zum Andenken an meine Zeit dort ein paar kleine Geschenke gemacht. Das tollste von allen war eine "Shaun the Sheep" DVD. Ich liebe Shaun und bin heilfroh, dass es das wenigstens auch in Deutschland gibt. Aber der Abschied von der Schule und den 2 Mädels ist mir doch nicht ganz leicht gefallen, denn obwohl ich mir manchmal wegen der beiden die Haare gerauft habe, hat mir der Unterricht trotzdem Spaß gemacht.
In Portadown gab es auch schon einen halben Abschied, denn unterrichten muss ich da zwar auch nicht mehr, aber evtl. muss ich an den Prüfungstagen hin und Nervenberuhigung betreiben. Aber alle haben sich schon bei mir für "meine tolle Arbeit und große Hilfe" bedankt. Da war ich sehr gerührt! Die Rabauken wachsen einem doch irgendwie ans Herz.
In Banbridge dauert es noch eine Weile, bis der letzte Tag heranrückt. Gott sei Dank! Ich hab noch überhaupt keine Lust mit der Arbeit dort aufzuhören! Gestern hab ich den ganzen Tag in der Schule damit zugebracht, meinen aufgeregten Abiturienten mit ihren Präsentationen zu helfen, sprich alles nochmal korrektur zu lesen oder einen schönen Schlussteil zu entwerfen. Das war zwar super anstrengend, weil alle halbe Stunde jemand anderes kam und was wollte, aber ich hab mich mal so richtig gebraucht gefühlt. Und das ist wichtig! Ich arbeite mir lieber den A.... ab und fühl mich wichtig, als nur Eier zu schaukeln.
Der schlimmste Abschied wird aber der von meinen Freunden und Mitbewohnern (besonders einem) hier und von dem riesen Haus! Bevor ich schließlich ins Flugzeug steige, muss da noch eine richtig digge Party her! Ein richtig typisches irisches Gelage mit Schnapsleichen, kotzenden Mädels, grölenden Jungs und allem Drum und Dran ... naja, kotzen muss nicht unbedingt jemand, aber der Rest gehört einfach irgendwie dazu!

Saturday 3 May 2008

"Jetzt sind sie alle verrückt geworden!"

Dieser Satz passt im Moment wirklich in fast jeder Situation. In der Schule laufen die Vorbereitungen auf die A-Levels - also das Abitur - auf Hochtouren. Allerdings erfahren die Schüler erst am selben Tag, dass sie nun nicht mehr zur Schule kommen müssen, nur noch zu den Prüfungen. Diese Geheimnistuerei hat einen bestimmten Grund: den Blödsinn den die Abiturienten sonst an ihrem letzten Tag veranstalten würden. Hier ist es irgendwie so Brauch, dass man möglichst alles tut, um die Lehrer bis auf's Blut zu ärgern. Da werden Eingänge zubetoniert, die Toiletten unter Schaum gesetzt oder Stinkbomben im Lehrerzimmer gelegt. Weil das überhand nahm, hat man sich vor ein paar Jahren zur Geheimhaltung entschlossen. Das ging jedoch nach hinten los, denn nun machen die Schüler halt jeden Tag irgendeinen anderen Quatsch, unerbittlich bis zum letzten Tag. Diese Woche hatten wir schon Stinkbomben, Schaum in den Spülkästen auf dem Mädchenklo, Genitalien an den Tafeln, eine schwarze Plastikplane über dem Glasdach der Pausenhalle und - der Klassiker - für nichts und wieder nichts den Feueralarm auslösen. Der Direktor und die Lehrer sind pausenlos im Einsatz, um die Verdächtigen ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Aber Verbrechen lohnt sich nicht, denn an der Schule gibt es etwa ein Dutzend Hausmeister und Reinigungspersonal (caretaker) , die den ganzen Tag in der Schule herumwuseln. Und denen entgeht nichts! Die kennen die meisten Schüler sogar mit Vor- und Nachname! Die letzte Feueralarmaufklärung hat nur 5 Minuten gedauert, dann wurden die Täter dingfest gemacht. Rekordzeit, hat der Direktor gesagt.
Einmal im Jahr muss man in NI nicht nur Lehrer und Erzieher sein sondern auch noch Detektiv. Ganz schön anstrengend!

Auch meine Mitbewohner sind ein bißchen außer Rand und Band, besonders einer, Joe der Kunststudent. Vor einer Woche war Joe mit einem Kumpel in den Mourne Mountains wandern, um Schafsknochen zu finden! Er hat auch welche gefunden und sie mit heimgebracht. Er wollte daraus irgendwelche Skulpturen basteln (macht er öfter mit 'tierischem Material'). Dann ist er ein paar Tage später nochmal gefahren und ein komplettes Schafsskelett hier angeschleppt! An dem waren natürlich noch Reste vom Fleisch dran. Und es hat gestunken wie die Sau! Er hat das dann in einen riesigen Bottich getan mit Wasser, Kloreiniger, Spülmittel und noch irgendwas. Die ganze untere Etage war ohne Nasenklemme nicht betretbar.
Aber der Knaller war ja noch, dass er das Ding im Bus mit nach Belfast gebracht hat. Die Leute haben sich auf der Fahrt bestimmt alle übergeben und waren ganz grün im Gesicht! Also manchmal denk ich echt, ich wohn im Irrenhaus! Aber da ich's mittlerweile gewohnt bin, erschreckt mich das alles nicht mehr, ich kann nur noch drüber lachen und den Kopf schütteln.

Die frühlingshafte Luft scheint auch dem Rest der Inselbewohner nicht so gut zu bekommen. Die werden alle grad ein bißchen übermütig. Man hört dauernd irgendwelche Sirenen, sieht noch mehr Betrunkene auf den Straßen, noch mehr Traningshosenasis und noch mehr pubertäre Neopunk-Gören in der Stadt herumlungern. Alle bekloppt! Paul, mein Mitbewohner sagt, das liegt daran, dass im Moment so oft die Sonne scheint, damit kommen die Leute hier nicht klar, sind sie nicht gewohnt. Ich glaub auch!